Nachhaltig Bauen – liberale Strategien für den Kölner Wohnungsmarkt

Beschluss des Kreisparteitags vom 06.03.2024

06.03.2024 Beschlüsse der Parteigremien FDP-Kreisverband Köln

Die Kölner Liberalen erkennen das große Spannungsfeld zwischen Wohnraummangel und dem Erhalt von Freiflächen als Frischluftschneisen und Stadtgrün an. Auch das Ziel möglichst kostengünstig zu bauen, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen steht im Konflikt mit der Idee vermehrt nachhaltige Materialen und Bauweisen zu nutzen.

Beim Thema Wohnen scheint Köln vor einem unlösbaren Dilemma zu stehen.

Dennoch nehmen wir uns der Aufgabe an, als Partei der Mitte auch einen Mittelweg bei der

Frage einer nachhaltigen Wohnungsbaupolitik zu finden. In dieser ideologisch verhärteten

Debatte wollen wir pragmatische Lösungen anbieten.

Flächenschonendes Bauen

- Bauen in die Höhe

Im Vergleich mit anderen Metropolen erscheint Köln eher niedrig gebaut. Köln hat derzeit nur 9 Gebäude, die die Hundertmetermarke überschreiten, davon nur zwei, der Kölnturm im

Mediapark und das KölnTriangle in Deutz aus diesem Jahrtausend. In vier der Kölner Ü100-

Hochhäuser wird gewohnt, die weiteren, darunter auch die beiden Jüngsten, sind reine

Bürobauten. Köln tut sich traditionell schwer mit Hochhäusern und in den letzten 30 Jahren

waren Investitionen in Hochhausprojekte unattraktiv. Doch Wohnhochhäuser könnten in der

Frage des nachhaltigen Wohnens eine Schlüsselkomponente sein: Klimaangepasstheit,

Energieeffizienz sowie Flächenschonung lassen sich in dieser Bauform am leichtesten

realisieren.

Daher braucht es ein verbindliches und verlässliches Hochhauskonzept für die gesamte Stadt, um die politische Entscheidungsfindung und die Planungsprozesse erheblich zu vereinfachen und zu beschleunigen. Dieses Konzept soll dabei nicht nur die Innenstadt und den äußersten Stadtrand in Neubaugebieten betreffen, sondern auch in Gebieten mit mittelhoher Bebauung Anwendung finden. Zudem stehen wir der Idee einen Hochhausring außerhalb der Dompufferzone zu realisieren, sehr positiv gegenüber.

- Nachverdichtung

Für die aktuellen Herausforderungen auf dem Wohnungsmarkt gibt es wohl keine

nachhaltigere Antwort als die Bestandsnutzung von Gebäuden. Nachverdichtung und Nutzung des Bestands spielen in Zukunft also eine wichtige Rolle. KI ermöglicht das Aufdecken von Grundstücken und Gebäuden mit Nachverdichtungspotenzial.

Am Anfang steht dabei die Analyse des Bestandes an Flächen. Jedoch darf die Stadt dabei nicht nur unbebautes kommunales Eigentum in Betracht ziehen, sondern bestehende Flächen, die kaum bebaut, eingeschossig oder ungenutzt sind, besonders berücksichtigen. 

Durch dieses Flächenrecycling können bestehende Flächen höher ausgelastet werden.

Grundsätzlich ist der Wohnraumdruck so hoch, dass die Stadt die Anreize für die

Privatwirtschaft und private Eigentümerinnen und Eigentümer massiv ausbauen und erhöhen muss. Wir halten die Vergabe von Bauland ausschließlich auf Basis von Erbpachtverträgen jedoch für falsch und ein großes Investitionshemmnis.

Neben unseren bestehenden Forderungen zum Baulückenschluss muss, wo möglich,

aufgestockt werden. Auf Kölner Dachböden und Flachdächern besteht ungenutztes Bauland. 

Jene Flachdächer, welche nicht für Aufstockung geeignet sind, sollen jedoch mit

Photovoltaikanlagen und/oder Dachbegrünung versehen werden. Hierzu muss die Stadt die

Förderung und Beratung viel breiter aufstellen. 

Nach dem Vorbild von Wirtschaftsförderung und Start-Up-Centern soll die Stadt die Stabsstelle für Wohnungsbau deutlich ausbauen und vor allem in dem Bereich Dachausbauten, Aufstockungen etc. verstärken, durch sämtliche nötige Behördengänge führt, um Privaten auch kleine Wohnbauprojekte schnell und unbürokratisch zu ermöglichen. Hierdurch erhoffen wir uns vor allen Dingen im Bereich der Aufstockungen neue Potenziale zu erschließen. Wir setzen uns aktiv in der Bundesregierung dafür ein, Förderprogramme für kleinere Aufstockungsprojekte zu etablieren. Die bereits durch die FDP durchgesetzte qualitative Bauberatung muss auf alle Wohnbauprojekte unabhängig von der Größe ausgeweitet werden. Die Bauaufsicht soll v.a. in § 34 Baugesetzbuch eher zugunsten des Antragstellers bzw. neuen Wohnraums denken.

- Ökologische Flächennutzung

Neben der bereits von uns beschlossenen ökologischen Baulandanalyse und geänderten

Kompensationsflächenauswahl müssen wir feststellen, dass die Planung von weiteren neuen Stadtteilen auf der „Grünen Wiese“ nicht mehr mit dem Stadtklima vereinbar ist. Deswegen müssen den vorgenannten Maßnahmen höchste Priorität eingeräumt werden.

Neubausiedlungen, die überwiegend mit Ein- und Zweifamilienhäusern beplant werden stehen einer verantwortungsvollen Städteplanung entgegen. Wir wollen neue Wohnraumgebiete auch effizient beplanen, indem eine sozialdurchmischte, hochgradige Verdichtung angestrebt wird. Besonders sollte der Aspekt des suffizienten Wohnens, also der Schaffung und Nutzung von passgenauen Angeboten (z.B. Wohnen auf kleinem Raum für Senioren und junge Menschen in Ausbildung) berücksichtigt werden.

Eine Aufwertung von alten Industrieflächen, wie des von der FDP lang geforderten Deutzer

Hafens, sind jedoch gute Beispiele, wie ungenutzter städtischer Raum dem Wohnungsbau

zugutekommen kann. Wobei wir die soziale Durchmischung dieser neuen Stadtteile durch

einen Anteil an öffentlich geförderten Wohnungsbau ausdrücklich begrüßen.

Besonders ökologisch ist die hybride Nutzung von Gebäuden. Bei Neubau- und

Sanierungsprojekten soll Mischnutzung zwischen Wohnen und Gewerbe oder Kultur, sowie

Tag-/Nachtnutzung oder in Form von Multifunktionsgebäuden eingeplant werden. Zudem

befürworten wir flexible Umwidmungsmöglichkeiten, um nicht genutzte Bürogebäude etwa in

Wohnraum umzufunktionieren.

Ineffiziente Nutzungen von Flächen müssen der Vergangenheit angehören. Besonders

eingeschossige Gewerbebauten in nicht-integrierten Einzellagen, wie etwa bei

Supermarktketten üblich, sollen in Köln nicht mehr genehmigt werden. Dementsprechend

müssen auch Bebauungspläne überarbeitet werden.

Zudem muss die Einrichtung von Retentionsflächen in Bauvorgaben für private wie öffentliche

Flächen gefordert und Maßnahmen wie Entsiegelung finanziell gefördert werden.

Digitalisierung und Bauen

Als Digitalisierungspartei ist den Kölner Freien Demokraten klar, dass eine nachhaltige Stadt

zwangsläufig smart sein muss. Früher klar getrennte ‚Ökosysteme‘ wie Mobilität, Wärme und

Strom müssen miteinander verschmolzen werden. Hierbei muss die Stadt durch Pilotprojekte, bestenfalls in Kooperation mit den Kölner Hochschulen, Vorreiterin werden.

Wir fordern ein Sonderprogramm Digitalisierung des Bauamtes als primär zu digitalisierendes Amt. Die digitale Bauakte soll schnellstmöglich auf alle

Bauvorhaben ausgerollt werden.

Die digitale Bauakte soll schnellstmöglich auf alle

Bauvorhaben ausgerollt werden.

Günstigeres Bauen

Wir fordern die Etablierung eines Baukosten-TÜVs. Dabei sollen neue und bestehende

Regelungen einer Kosten-Nutzen-Analyse unterworfen werden. Dadurch können ineffiziente

Vorgaben entfallen. Besonders relevant sind Sonderregelungen mit hohem

Verwaltungsaufwand, die de facto kaum Anwendungsfälle finden. Besonders gilt dies für

Kölner Sonderregeln, die bestehende europäische und deutsche Gesetzgebung zusätzlich

verschärfen.

Wir fordern auch für größere Baugebiete serielles Bauen mit Holz. Dazu müssen die hohen

Baustandards auf Landes- und Bundesebene angepasst werden, besonders in Bezug auf

Geschosswohnungsbau.

Lebenswerte Veedel für alle

Soziale Mischung lässt sich am einfachsten im Neubau auf der „grünen Wiese“ oder auch auf

Stadtbrachen verwirklichen. Vor allen Dingen letztere Flächen muss Köln dementsprechend

entwickeln (lassen). Dabei fehlen in deutschen Großstädten insbesondere günstige

Appartements unter 45 qm. Städtisches Bauland darf in Köln nicht weiterhin nur an

Höchstbietende vergeben werden, die an den Bedürfnissen Kölns vorbeiplanen.

Schnelleres Bauen

Auch die Stadt(verwaltung) selbst muss verbindliche Vorgaben und Ziele für ihr eigenes

Handeln ausgeben, die mehr als bloße Lippenbekenntnisse sind. Die Verwaltung muss sich

selbst verpflichten, eine bestimmte Anzahl an Baugenehmigungen pro Jahr zu erteilen, statt

sich zu rühmen, wie viele Bauanträge in Quartieren mit sog. Milieuschutzsatzung abgelehnt

wurden.

Zudem soll die Stadt sich, ähnlich wie in Hamburg, verpflichten, eine Mindestanzahl an

Wohnungen pro Jahr fertigzustellen.

Lebensqualität und Wohnen

Eine moderne und nachhaltige Stadt besteht nicht aus Innenstadt und umgebenden

Schlafstädten, sondern muss eine Mischung aus gesellschaftlichem Leben und guter

Anbindung an Bildungs-, Gesundheits-, Mobilitäts- und Kulturangebote sein.

Viel zu wenig wird in Köln das Instrument des Bebauungsplans verwendet. Hierdurch sollen

auch kulturelle Nutzungen gesichert werden. Daher ist er ein wichtiges Instrument der

nachhaltigen Quartiersentwicklung, der Raum für verschiedenste Nutzungen vorsehen kann,

wie Freifeierflächen, Dachgärten/Urban Gardening.

Auch ein attraktives ÖPNV-Angebot trägt zu einer lebenswerten Stadt bei, da dieser Menschen

in allen Lebenslagen Mobilität ermöglicht. Perspektivisch treten wir beispielsweise dafür ein,

dass jeder Haushalt innerhalb von 500 m eine Anbindung an den ÖPNV hat.

Sogenannte Hitzeinseln senken im Sommer nicht nur die Lebensqualität aller Bürger*innen,

sondern stellen auch eine gesundheitliche Gefahr für vulnerable Gruppen dar. Abhilfe können

hier technologische Innovationen schaffen: Sensoren und KI können

Temperaturschwankungen und für Hitzeinseln anfällige Gebiete heutzutage frühzeitig

erkennen und darüber hinaus Gegenmaßnahmen simulieren.

Emissionsneutrales / ökologisches Wohnen

Wir wollen den Ausbau der Photovoltaik in Köln ausweiten und beschleunigen. Dazu müssen zuvorderst städtische Liegenschaften nachträglich mit PV-Anlagen versorgt werden und gesetzliche Hürden abgebaut werden, um beispielsweise Mieterstrom zu vereinfachen. In Zeiten hoher Energiepreise ist das eigene Stromerzeugen mit kleinen PV-Anlagen besonders attraktiv. Zudem sollte Köln sich aufgrund mangelnder Flächen für Windkraft ambitionierte Ziele im PV-Ausbau setzen und nichts geringeres als Solarstadt Nr. 1 werden.

Emissionseinsparungen fangen jedoch schon beim Bau an. In Köln müssen Möglichkeiten des lokalen Baustoffrecyclings geschaffen werden, um die Wiederverwendung von Beton, die nur vor Ort sinnvoll ist zu ermöglichen. Grundsätzlich sollen öfter bestehende Grundmauern erhalten werden, anstatt Gebäude vollständig abzureißen und neuzubauen.

 

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